Milchfieber – Ursachen und Merkmale

Der mit Beginn der Milchsynthese erhöhte Calciumbedarf in Verbindung mit dem Unvermögen des Stoffwechsels zur schnellen Kompensation des Calciummangels gelten als ursächlich für das Auftreten der plötzlichen Störung des Mineralstoffwechsels und damit für das Auftreten von Milchfieber.

Calcium spielt als mengenmäßig am stärksten im Körper der Milchkuh vertretener Mineralstoff eine elementare Rolle bei unzähligen körpereigenen Prozessen. Entscheidend ist Calcium an der Erregung von Muskeln und Nerven, dem Zucker-Stoffwechsel, der Zellteilung sowie an der Aktivierung von Enzymen und Hormonen beteiligt.

Calcium liegt bei der Kuh zu 99 % (ca. 7 kg bei 600 kg Lebendmasse) gebunden in Knochen und Zähnen vor. Der Rest von einem Prozent befindet sich zu 0,9 % gebunden in Zellmembranen (8 bis 10 Gramm) und zu 0,1 % (2,5 bis 3 Gramm) als Calciumionen im Blut.

Der Calciumstoffwechsel der Milchkuh wird im Wesentlichen durch die Hormone Vitamin D (Vit D), Parathormon (PTH) und Calcitonin gesteuert. Die genannten Hormone gelten als zentrale Regulatoren der Aufnahme von Calcium aus dem Darm, der Einspeicherung und Freisetzung von Calcium aus den Knochen sowie der hormonell beeinflussten Ausscheidung von Calcium über Kot und Harn.

Wirksamen Einfluss auf den messbaren Calciumgehalt im Blut haben allein die biologisch aktiven Calciumionen (Ca2+). Diese liegen im Blut gebunden an Proteine vor, wobei die Bindung an Transportproteine im Blut einer gewissen pH-Abhängigkeit unterliegt.

Ursache Milchfieber

Milchfieber steht ursächlich sowie zeitlich mit dem Laktationsbeginn in Zusammenhang. Mit Einsetzen der Milchsynthese und dem damit verbundenen Beginn der Laktation werden bis zu 30 Gramm Calcium pro Tag mit der Biestmilch (Kolostrum) ausgeschieden (Bojkovski et al., 2005). Die Gesamtmenge des schnell zur Verfügung stehenden Calciumpools beträgt hingegen nur ca. 8-10 Gramm, die Reserven im Blut der Milchkuh sogar nur ca. 3 Gramm (Horst et al., 1997b; Goff et al., 2005).

Übersteigt der Calciumverlust infolge der Milchbildung die Calcium-Mobilisierungsfähigkeit der Milchkuh, entwickelt sich Milchfieber in unterschiedlich starker Ausprägung. Bei einem geringgradigen Abfall spricht man in diesem Fall von subklinischem Milchfieber, bei einem starken Abfall vom klinischen Milchfieber.

Es gilt als statistisch belegt, dass bei ca. 10 % aller Abkalbungen klinisches Milchfieber auftritt. Subklinisches Milchfieber, ohne sichtbare Erkrankungsanzeichen, tritt sogar noch häufiger auf. So sind ca. die Hälfte aller Mehrkalbinnen und ein Viertel aller Erstkalbinnen davon betroffen.

Stadien und Symptome von Milchfieber

Milchfieber ist die häufigste Ursache für ein „Festliegen“ nahe des Geburtszeitpunktes. „Festliegende“ Kühe sind der häufigste Grund für einen tierärztlichen Notfallbesuch in der Rinderpraxis. Klinisches (sichtbares) Milchfieber stellt einen lebensbedrohlichen Zustand dar, der eine sofortige Behandlung und ggf. intravenöse Applikation von Calcium erfordert.

Bleibt klinisches Milchfieber unbehandelt, ist mit Verlustraten von 60 bis 70 % zu rechnen (Horst et al., 2005), und selbst mit einer raschen und adäquaten Behandlung sind Sterblichkeitsraten von bis zu 10 % nicht selten.